Kriterien bei der Personalauswahl: Diversität fördern, statt Stereotype

Immer noch zu oft wird die Auswahl neuer Mitarbeiter anhand reiner Sympathiewerte oder einem stereotypischen Bild vom passenden Mitarbeiter getroffen. Wir stellen unbewusst Menschen ein, die uns ähnlich sind.

Förderlich ist das nicht unbedingt. Strukturierte Auswahlverfahren können helfen, mehr Diversität im Unternehmen zuzulassen.

Diversität ist oft noch Theorie

Vielfalt ist gut fürs Geschäft. Gemischte Teams aus Frauen und Männern, jungen und älteren, Kopf- und Bauchmenschen, aus Menschen verschiedener Herkunft und mit verschiedenen kulturellen Hintergründen, sind nachweislich erfolgreicher, kreativer, innovativer.

Vielfalt heißt heute Diversität und beschränkt sich in der Realität leider meist darauf, dass auf jedem Foto der Firmenbroschüre mindestens eine Frau, ein Asiate, ein Schwarzer und ein Latino abgebildet sind. Speziell in den Belegschaften der Tech-Branche, von Start-ups und Agenturen mal abgesehen, herrscht nach wie vor stereotypischer Einheitsbrei: männlich, weiß, mittleres Alter. (Das Thema Sexismus in der IT-Branche geistert ja laufend durch die Medien.)

Wir stellen unbewusst Leute ein, die uns ähnlich sind

Einstein sagte einmal, die Definition von Wahnsinn sei, immer das Gleiche zu tun, aber jedes Mal ein anderes Ergebnis zu erwarten. Genauso wahnsinnig ist es, immer den gleichen Typ Mitarbeiter einzustellen, von diesen aber zu erwarten, neue und innovative Lösungen zu finden.

Doch woran liegt’s, dass die Vielfalt oft nur ein hehrer Wunsch aus der Rubrik „Unsere Werte“ bleibt?

Oftmals hakt es schon in den Auswahlverfahren, die sich hauptsächlich auf unstrukturierte Interviews und eher fachlich geprägte Leistungstests stützen. Man sucht schon Mitarbeiter, die zum Unternehmen passen. Aber was genau heißt „passen“ und wie vergleicht man die „Passung“ verschiedener Kandidaten?

Das ist meist überhaupt nicht definiert und so greift der Entscheider bei der Auswahl auf das Naheliegende zurück: Sein Bauchgefühl. Und unser Bauchgefühl sagt uns: Jemand, der ist wie ich, kann nicht so falsch sein. Wir mögen Leute, die uns ähnlich sind und stellen Leute ein, die uns ähnlich sind. Die dem Stereotyp „ich“ entsprechen.

Um jemanden, der nicht sofort auf unserer Wellenlänge funkt, wirklich kennenzulernen und seine versteckten Qualitäten zu erkennen, dafür reichen ein paar Stunden Gespräche in formeller Atmosphäre einfach nicht aus.

Mit People Analytics objektive Auswahlkriterien ermitteln

Große Unternehmen investieren daher in „People Analytics“, einen Big Data Ansatz, um bei der Personalauswahl unabhängiger von fragwürdiger Intuition und soziodemografischen Stereotypen zu werden. Sie sammeln über lange Zeit Daten zu ihren Mitarbeitern und werten dann aus, welche Charaktere im Unternehmen besonders erfolgreich sind oder lange bleiben.

Google hat daraus einen Katalog mit acht Prinzipien erstellt, die eine gute Führungskraft ausmachen. Bei der Auswahl können die Kandidaten nun gezielt auf diese Persönlichkeitsmerkmale abgeklopft werden, ganz unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Praxiserfahrung oder Sympathiewerten.

Strukturierte Interviews fördern Diversität

People Analytics dürfte allerdings im deutschen Mittelstand schwer vermittelbar sein, schon aus Kostensicht; von den Vorbehalten gegen die Datensammelei mal abgesehen. Doch geht es auch zwei Nummern kleiner. Iris Bohnet beschreibt in diesem lesenswerten WiWo-Artikel eine praktikable Methode: Vorstellungsgespräche sollten zumindest teilweise als strukturierte Interviews durchgeführt werden.

Dabei werden jedem Bewerber dieselben wohlüberlegten Fragen in derselben Reihenfolge gestellt. Die Antworten werden notiert und anhand einer Skala bewertet. Am besten lassen sie mehrere Personen bewerten, vielleicht sogar aus verschiedenen Bereichen. Das Ergebnis fließt dann neben dem persönlichen Eindruck in die Entscheidung mit ein.

Seine volle Wirkung entfaltet das System nach einiger Zeit: Wenn sie Interviewergebnisse jeweils mit der späteren Performance der Mitarbeiter vergleichen, können sie herausfinden, welche Fragen bzw. Antworten den späteren (Miss-)Erfolg des Mitarbeiters besonders gut voraussagen können. Weniger relevante Fragen sortieren sie nach und nach aus und ersetzen sie durch relevantere.

So stellen Sie sich für Ihr Recruiting einen eigenen, objektiven Katalog zusammen mit Eigenschaften und Fähigkeiten, an denen sich der potenziell richtige Kandidat für Ihr Unternehmen erkennen lässt. Und geraten nicht in die Falle, eine Armee an Klonkriegern aufzubauen.

Feste Auswahlkriterien statt unterbewusste Annahmen

An gutem Willen zu Diversität mangelt es sicherlich nicht, unser Unterbewusstsein macht uns aber wieder mal einen Strich durch die Rechnung. Strukturierte Auswahlverfahren, ob Big oder Small Data, helfen unter anderem dabei, tief sitzende Stereotypen auszuschalten und vielfältige Teams aufzubauen, die gemeinsam an einem Strang ziehen.

Bild: Fotolia – Nomad_Soul

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