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Change Leadership: Mitarbeiter in Zeiten des Wandels sicher führen

Führungskräfte müssen Orientierung und Vertrauen schaffen, gleichzeitig aber den Wandel forcieren und agiler werden. Wie geht das zusammen? Wie lässt sich Change Leadership leben?

Lernen Sie 10 Tipps kennen, wie Sie Ihre Mitarbeiter fit für den Wandel machen, ohne die Ruhe zu verlieren.

Der Wandel als einzige Konstante

Wandel, das waren lange Zeit immer wiederkehrende Innovationszyklen in der Wirtschaft: Regelmäßige Aufs und Abs, dazwischen kleinere unerwartete Ereignisse. Wandel, das ist heute praktisch Alltag, erwünschter oder erzwungener Dauerzustand.

Selbst wer nicht direkt mit Technologie und Digitalisierung zu tun hat, liest und hört es jeden Tag: Sie müssen flexibler, agiler, wandlungsfähiger werden! Change Leadership wird nicht mehr nur in gewissen Phasen benötigt, zum Beispiel während Fusionen oder Umstrukturierungen, sondern dauerhaft. Führungskräfte müssen Manager des Wandels werden.

Definition: Change Leadership vs. Change Management

Dar Harvard-Professor John Kotter machte den Begriff des Change Leadership durch sein Buch „Leading Change“ bekannt. Er beschreibt Change Leadership als „die treibenden Kräfte, Visionen und Prozesse, die eine umfassende Transformation vorantreiben”.

Change Management dagegen definiert er als „eine Reihe grundlegender Tools oder Strukturen, mit denen die Veränderungsprozesse gesteuert oder kontrolliert werden sollen.“ Das Ziel sei, dass Veränderungen möglichst wenig Störungen und negative Auswirkungen mit sich brächten.

Change Management bezeichnet eher die operative Ebene, die konkrete Umsetzung einer Veränderung. Change Leadership bedeutet, eine Vision eines neuen Zustands zu entwickeln und andere zu inspirieren und zu befähigen, sich der Transformation anzuschließen.

Video: John Kotter im Interview zur Frage, was Change Management und Change Leadership unterscheidet.

Wandel bedeutet Unsicherheit

Der Zwang zu Wandel und Agilität stellt Führungskräfte vor ein Dilemma. Ein bekannter Cartoon verdeutlicht dieses Dilemma treffend:

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Change Leadership: „Who wants change?“ – Quelle: Alan O’Rourke

Alle möchten Veränderung (Change), zum Positiven natürlich, oder wissen zumindest, dass sie notwendig ist. Andererseits verändert sich niemand gerne, schon gar nicht permanent, und will sich täglich neu erfinden. Wandel bringt Unsicherheit und Ängste hervor, macht eingeübte Routinen und sicher geglaubte Perspektiven zunichte.

10 Ratschläge für erfolgreiches Change Leadership

Wie schaffen es Führungskräfte, ihre Mitarbeiter einerseits für den Wandel zu begeistern und fit für die agile Arbeitswelt zu machen? Und andererseits, Sicherheit und Orientierung zu vermitteln, verlässlich zu sein und die Mitarbeiter nicht durch wechselnde Führungsstile zu verwirren?

Diese 10 Ratschläge helfen Ihnen, Change Leadership erfolgreich in Ihrem Unternehmen zu leben:

1. Visionen finden, statt Pläne zu schmieden

Pläne können schon morgen obsolet sein. Arbeitet Ihr Unternehmen rein plan-getrieben, sinkt die Motivation mit jeder Plankorrektur. Entwickeln Sie stattdessen übergeordnete Vision und Ziele für Ihre Mitarbeiter, die langfristig Bestand haben und nicht von jedem Trend abhängig sind.

2. Zeit zum Nachdenken nehmen

Nicht jede Sau, die durchs Dorf getrieben wird, erfordert Ihre Aufmerksamkeit. Zeit, um nachzudenken und in sich zu gehen, ist heute nicht weniger wichtig geworden, ganz im Gegenteil. Lassen Sie sich nicht vom „Wandel“ zum Aktionismus treiben. Analysieren Sie alle Entscheidungen vorab in Ruhe: Wo müssen Sie Änderungen vornehmen, wo warten Sie erst noch eine Weile ab, welchen Trend können Sie getrost aussitzen?

3. Begeisterung und Energie ausstrahlen

Muss ich das erklären? Sie sind auch nur ein Mensch, aber Antreiber und Lokomotive zu sein ist als Führungskraft nun mal Ihr Job. Ohne Begeisterung werden Sie Ihre Mitarbeiter von keiner einzigen Entscheidung überzeugen, auf kein Ziel einschwören und ihnen erst recht nicht vermitteln können, dass Veränderung doch etwas Positives ist.

4. Selbstkritisch sein und bei sich selbst anfangen

Der erste, der den Wandel in Ihrem Unternehmen annehmen muss, sind Sie. Seien Sie ein leuchtendes Vorbild. Haben Sie es sich im Chefsessel bequem gemacht und in Ihren Routinen eingerichtet? Seien Sie ehrlich zu sich selbst, gestehen Sie sich das ein und verlassen Sie Ihre Komfortzone. (Oder räumen Sie Ihren Stuhl und suchen Sie sich eine neue Aufgabe. Auch das kann durchaus die angemessene Reaktion sein.)

5. Erklären, erklären, erklären

Ihre Mitarbeiter verstehen Ihre Visionen einfach nicht? Vielleicht müssen Sie sie einfach besser erklären. Und nochmals erklären. Nicht jeder kann automatisch nachvollziehen, was Sie in vielen Tagen und Wochen erarbeitet haben, und nicht jeder teilt automatisch Ihre Begeisterung für ein Thema. Liefern Sie zu jeder Änderung, Entscheidung und jeder neuen Strategie eine ausführliche Erklärung, die sowohl der Chief Digital Officer als auch der Hausmeister versteht. (Im Ernst!)

6. Mitarbeitern helfen, Entscheidungen zu treffen

Wenn täglich auf wechselnde Situationen reagiert werden muss, können nicht alle Entscheidungen über Ihren Tisch gehen. Befähigen Sie Ihre Mitarbeiter, selbst Entscheidungen zu treffen. Machen Sie klar, wo die Spielräume liegen, wo die Grenzen, und wann Sie erwarten, dass Mitarbeiter eigenverantwortlich handeln. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter durch Coaching und andere Maßnahmen dabei, die nötige Sicherheit und Kompetenz dafür zu erwerben.

7. Einen Wertekompass entwickeln

Es gibt Dinge, die dürfen auch in Zeiten des Wandels nicht infrage gestellt werden: Werte, sowohl im moralischen, als auch im strategischen Sinne. Jedes Unternehmen und jedes Team braucht Richtlinien, geschriebene und ungeschriebene, die immer gelten, egal ob viel Geld oder wenig da ist, hoher Arbeitsdruck herrscht oder der Wettbewerber im Nacken sitzt. Solche Werte helfen Ihren Mitarbeiter, in jeder Situation “richtig” zu entscheiden, auch wenn es keine Präzedenzfälle gibt.

8. Fehler zulassen und aus ihnen lernen

In Zeiten des Wandels kommen Fehler nicht nur vor, sie gehören zum Prozess. Schließlich tun Sie ständig Dinge, die Sie zuvor noch nie getan haben. Interpretieren Sie Fehler als Scheitern, werden Ihre Mitarbeiter nur das tun, was sie schon immer getan haben, das Altbekannte, Gewohnte. Geben Sie sich und Ihren Mitarbeiter die Freiheit, Fehler zu machen. Kritisieren Sie nicht, sondern analysieren Sie. Ermutigen Sie zu Experimenten, zum neue-Wege-gehen.

9. Kommunikation, statt Prozesse

Agile Entwicklung kennt keine Pläne und nur wenige Prozesse, sondern vor allem eins: viel Kommunikation. In regelmäßigen längeren und kürzeren Meetings wird strukturiert besprochen, analysiert, Feedback gegeben, beschlossen. Wie sinnvoll können einmal festgelegte Prozesse noch sein, wenn Sie jeden Tag auf Entwicklungen reagieren müssen, auf neue Kundenanforderungen, Störfälle, Stückzahlen? Bleiben Sie permanent im Gespräch mit Ihren Mitarbeitern und beschließen sie “on-demand”, was jeweils zu tun ist.

10. Technologie nutzen

Mit digitalen Technologien lassen sich Zusammenhänge erkennen, wo das menschliche Gehirn nur Zufall und Chaos sieht. Zum Beispiel lassen sich durch Big Data und Predictive Analytics Störungen im Produktionsablauf vorhersagen oder die Anzahl der voraussichtlichen Anrufe im Callcenter. Technologie gehört zwar zu den Ursachen des rasanten Wandels, kann ihn durch den richtigen Einsatz aber gleichzeitig besser beherrschbar machen.

Change Leadership als Schlüsselkompetenz

Die aktuelle Diskussion über Wandel und Agilität zeigt, dass wir Veränderung oft noch als negativ, zumindest als Störung unserer gewohnten Abläufe sehen. Dass wir nach ein paar turbulenten Jahren bald wieder in ruhiges wirtschaftliches Fahrwasser geraten, ist jedoch kaum zu erwarten. Change Leadership ist und wird noch mehr zur Schlüsselkompetenz von Führungskräften werden.

Um ein erfolgreicher Change Leader zu werden, müssen Sie sich jedoch nicht neu erfinden. Sie haben es vielleicht bemerkt: Unsere 10 Tipps beinhalten viele der „klassischen“ Managementkompetenzen. Visionen, Werte, Kommunikation, Begeisterung – diese Merkmale machten bisher, machen heute und in Zukunft eine gute Führungskraft aus.

Oder um es mit Herbert Grönemeyers Worten auszudrücken: Alles bleibt anders.

Lesen Sie weiter: Agile Leadership im Unternehmen einführen

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